Samstag,
20.07.2019 - 00:00
8 min. inkl. Video
Kraftfutter für Kicker: Was die 05er essen dürfen und was nicht

Von Nils Salecker
Sportredakteur
GRASSAU - Er ist der, der die Stars bekocht: Fußballer von RB Leipzig, Wolfsburg, Stuttgart, Bremen. Jüngst hatte er erst die Frauen-Nationalmannschaft und das ukrainische Team Schachtar Donezk zu Tisch. Seit vier Jahren ist Benjamin Schuster Küchenchef des Golf Resorts Achental. Sein Steckenpferd: Kraftfutter für Kicker. Aktuell verköstigt Schuster acht Tage lang die Profis des FSV Mainz 05. So weit entfernt der Profi von heute vom Otto-Normal-Verbraucher erscheint, so normal ist ihr Essen, macht Schuster klar, „die Haute Cuisine gibt’s im Trainingslager nicht.“ Für alle im Team – Spieler, Betreuer, Trainer – zaubert Schuster dasselbe Essen: Es gibt Buffet, mindestens drei Mal am Tag. „Wir haben eine große Auswahl. Da wird eigentlich jeder fündig“, sagt Jonas Grünewald, FSV-Athletiktrainer und zuständig für die Ernährung im Team.
Du bist, was du isst. Das Credo wird im Sport zunehmend wichtiger. Auf die Ernährung wird in den vergangenen Jahren auch unter Fußballern immer mehr Wert gelegt. Die Spiel entscheidende Nuance kann im Brot liegen, das du ein paar Stunden zuvor gegessen hast. Oder halt eben nicht.
Die Buffets der anderen Hotelgäste und der Kicker unterscheiden sich in Grassau nicht allzu groß. Hier zucker- und da fettreduziert. Hier etwas weniger Weißmehl, dort etwas mehr Vollkorn. Viel Fisch und Fleisch, aber auf gar keinen Fall Schwein. Das ist ein No-Go, macht Athletiktrainer Grünewald klar. Damit stehen die 05er nicht alleine da. Schwein serviert Küchenchef Schuster Sportlern fast nie. Meist aus religiösen Gründen, einige Mannschaften zählen Muslime in ihren Reihen. Und: der Antibiotika wegen. Auch bei Geflügel stecken die oft drin. „Wir wollen wissen, wo das Fleisch herkommt und ob es behandelt wurde“, erklärt der Küchenchef deshalb.

Zwei Einheiten pro Tag (hier links vorne: Athletik-Coach Jonas Grünewald) erfordern volle Energiespeicher. Für die Befüllung ist im 05-Teamhotel Küchenchef Benjamin Schuster zuständig. Er sagt: Gesund geht auch lecker. Beim Fanevent aßen die 05er (rechts vorne Danny Latza mit Robin Zentner) ausnahmsweise außer Haus. (Fotos: Jörg Halisch)
Einem englischen Team war das schon mal herzlich egal, erzählt der Küchenchef. Baked Beans und Sausage – schon zum Frühstück gab’s bei den Briten Schwein. Schwieriger wird für Schuster das andere Extrem. Wenn die Sportlerkost vegetarisch oder gar vegan sein soll. Muss aber gehen, macht der Küchenchef klar. „Leistungssport als Veganer ist grundsätzlich möglich“, sagt Athletik-Coach Grünewald. Ohne Tier-Produkte sei die Ernährung allerdings komplizierter. Veganer finden sich unter den 05ern keine. „Es gibt aber vegetarisch orientierte Spieler“, berichtet er. Komplett auf Fleisch verzichtet niemand.
Oberstes Gebot ist: Hauptsache gesund. Gerade bei Jungprofis liegt Ernährungsbewusstsein im Trend. Schuster hat das auch bemerkt. „Gefühlt war die gegessene Menge früher doppelt so groß“, sagt er, offenbart zudem: Salat geht ziemlich gut weg. Daneben ist Pasta der Renner. Vor Abendspielen gebe es gar noch ein extra Nudelbuffet am Nachmittag. Energiespeicher füllend. Zwiebeln und Knobloch gehen vorm Anpfiff hingegen gar nicht, sagt der Küchenchef: „Auf dem Platz ist das nicht so angenehm: Das macht Blähungen.“
Extremfall: selbstgemachte Nuss-Nougat-Creme
Im Vergleich zu anderen seien die Mainzer mit Sonderwünschen noch zurückhaltend, schildert Schuster. Ein Klub brachte gar mal die selbstgemachte Nuss-Nougat-Creme und selbstgekauftes feinstes Kalbfleisch mit, berichtet er. Gelegentlich reisen die Sportler mit ihren eigenen Köchen an. Die 05er bilden den Normalfall: Grünewald gab im Vorfeld eine Liste ab. Was sollte auf den Teller, was darf nicht? Süße Teilchen, fette Kuchen, Cremes oder Schokolade – die Verlockungen des Normalo-Frühstücks sucht man am 05-Buffet vergebens, macht der FSV-Ernährungsbeauftragte klar. In den Augen von Schuster hat er damit auch vollkommen Recht: „Wenn wir ehrlich sind: Weißer Zucker ist Schrott.“ Lieber süßt er gar nicht. Oder stattdessen mit Honig oder Obst. Viel Frisches, Rotes und Grünes, gibt es ohnehin. „Klar gibt es Leute, die weniger gern Gemüse essen“, sagt Grünewald. Einen Gemüse-Zwang, den gebe es aber nicht.
Klar, das Essen soll Kraft geben, für zwei Einheiten am Tag oder die Testspiele. Das ist zweckmäßig, bejaht der Koch, aber: Gesund soll bei ihm auch lecker sein. Und wenn’s zu lecker ist und auf die Rippen geht? „Es gibt vereinzelt Spieler, die speziell auf ihr Gewicht achten müssen“, gibt Grünwald Einblick. „Die werden individuell betreut, gegebenenfalls ziehen wir Ernährungsberater hinzu.“ Einmal pro Woche müssen die Spieler auf die Waage. Strenge Essenskontrollen? Nein, die gibt es bei ihm nicht. „Ich gucke den Jungs nicht auf den Teller“, sagt Grünewald, „ da besteht eine gewisse Eigenverantwortung.“ Auch die Kalorien werden nicht gezählt. Das Essen ist wichtig, aber ganz so penibel is(s)t man bei Mainz 05 dann doch nicht.