Freitag,
09.08.2019 - 08:00
2 min
Kolumne über Kita-Namen: Verwöhnte Schmuddelkinder
Man will ja immer so sein, wie man nicht ist. Das fängt bei Menschen mit glatten Haaren an, die gerne Locken hätten (und umgekehrt). Und hört bei Kita-Namen auf. Das glauben Sie nicht? Dann spazieren Sie mal durch ein hippes Viertel in einer Großstadt, wo viele junge Familien wohnen und achten darauf, wie die Kinderkrippen heißen, die sich hier oft hinter den Schaufenstern ehemaliger Läden verbergen. „Rasselbande“ steht dort etwa in bunten Lettern, „Rotznasen“ oder „Schmuddelkinder“. Das klingt nach Horden wilder Jungs und Mädchen, die sich ungewaschen auf der Straße herumtreiben. Hinter besagten Schaufenstern stecken meist Elterninitiativen, die basisdemokratisch organisiert sind und wo dem Nachwuchs täglich ein ausgewogenes Mittagessen serviert wird, natürlich fleischfrei und in Bio-Qualität. Tatsache ist: Die meisten Kinder dürfen heute nicht mehr im Dreck spielen, geschweige denn mit Freunden um die Häuser ziehen. Der Radius, in dem sich Jungs und Mädchen ohne Aufsicht bewegen dürfen, hat sich in den vergangenen 30 Jahren stetig verkleinert, wie eine Studie zeigt. Einzig in den sozialen Brennpunktvierteln ist das noch anders. Dort tummeln sich im Sommer Kindercliquen bis spätabends vor den Hochhäusern. Auf die Idee, eine Betreuungseinrichtung „Rasselbande“ zu nennen, käme hier niemand. Die heißen nämlich „Katholischer Kindergarten“ oder AWO-Kindertagesstätte. Übrigens: Vor dem Eingang der Kita „Schmuddelkinder“ gibt es eine kleine Grünfläche, an der ein Schild hängt: „Hier keine Hunde! Hier spielen KINDER!“ Schmuddelig, so viel scheint klar, will man dann lieber nur im Namen sein.