Parteienvertretern beleuchten in Idstein das Thema Waffenexport

In Diskussionsrunden formuliert das Publikum seine Fragen. Foto: wita/Mallmann Foto: wita/Mallmann
IDSTEIN - Es sei ein großer Fortschritt seit 2013, dass inzwischen nach sechs Monaten überhaupt Zahlenmaterial in Form von Genehmigungswerten zu deutschen Waffenexporten (2915: 7,86 Mrd Euro / 2016: 6,88 Mrd. Euro) zugänglich sei, sagte Bernhard Moltmann (Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung) in seiner kurzen Einführung als wissenschaftlicher Experte des Abends, auch wenn die tatsächliche Rüstungsausfuhr – die von zwei Dritteln der deutschen Bevölkerung abgelehnt wird – und vor allem die „Dual-Use-Güter“ (mit doppeltem Verwendungszweck) statistisch nicht erfasst würden. Mit einem Anteil von nur 0,2 Prozent am Gesamtaußenhandel stelle die Rüstung für Deutschland als fünftgrößten Waffenexporteur weniger einen ökonomischen, als einen sicherheitspolitischen Aspekt dar.
Zu der von Thomas Meinhardt moderierten Podiumsdiskussion unter dem Titel „Frieden schaffen mit Waffenexporten?“ hatten die Evangelische Kirchengemeinde Idstein, das Idsteiner Friedensbündnis, die Katholische Pfarrei St. Martin und die Pax-Christi-Gruppe Idstein Vertreter aller Parteien eingeladen. Nur von der CDU habe man leider keinen Vertreter für die Teilnahme gewinnen können, erklärte Heike Beck vom Evangelischen Dekanat Rheingau-Taunus.
Mehrheit für restrikives Exportgesetz
Bei Stellungnahmen zu vorab zugeschickten Orientierungsfragen wie etwa zur Änderung des gesetzlichen Rahmens (Art. 26), einem justiziablen, einheitlichen Exportgesetz oder generellen Rüstungsausfuhrverboten positionierten sich Timo Müller (Bündnis 90/Die Grünen) und Benno Pörtner (Die Linke) klar für ein Waffenexportverbot, während Martin Rabanus (SPD) unter Hinweis auf deutsche Friedenseinsätze von notwendiger „Verantwortungsübernahme“ und einem legitimen Sicherheitsinteresse sprach. Die anschließenden Fragen des Publikums betrafen Themen wie etwa die Länder, in die man keine Waffen liefern dürfe (genannt wurden Krisengebiete und die Menschenrechte missachtende Staaten wie u. a. Saudi-Arabien, die Ukraine und die Türkei), eine Lieferung nur an NATO-Länder, eine Umgestaltung der UN (ohne Staaten mit Veto-Recht) bzw. eine Harmonisierung der Rüstungskontrolle auf europäischer Ebene, die die „Beliebigkeit reduzieren“ würde, wie Moltmann sagte.
Diese Harmonisierung sowie ein restriktives Exportgesetz hielten vier der fünf Vertreter für angebracht; Rabanus erklärte, ein Gesetz zur Endverbleibskontrolle sei dringend erforderlich. Die SPD wolle eine Beschränkung der Rüstungsexporte auf NATO-Staaten und Kleinwaffen. Auf absehbare Zeit sei kein Verzicht auf Rüstung möglich.
Dem schloss sich Alexander Müller (FDP) mit dem Hinweis an, man brauche „militärische Abschreckungsmöglichkeiten“, müsse allerdings nicht überall präsent sein. Christine Anderson (AfD) sagte für ihre Partei, man stimme einer Neuordnung der UN zu, bestehe jedoch auf einer nationalen Regelung und wolle die NATO verlassen. Mehr Fokus auf sozialer Konfliktlösung forderten Benno Pörtner und Timo Müller; manche militärische Konflikte seien ohnehin nicht militärisch lösbar.