Von Hendrik JungWIESBADEN - Wie können Radardaten dabei helfen, die Abflüsse nach Starkregenereignissen besser zu verstehen, um Schutzmaßnahmen für Siedlungsgebiete ergreifen zu können? Das ist das Thema eines Symposiums der Hochschule Rhein-Main, zu dem sich rund 100 Fachleute aus ganz Deutschland angemeldet haben.
In Wiesbaden ist vor allem das Starkregen-Ereignis im Juli 2014 noch lebhaft in Erinnerung. „Das Kurhaus liegt im alten Bachbett des Rambachs. Das hat er wieder aufgesucht“, erinnert Thomas Schmid, der Präsident des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG).
- FACHZENTRUM
Das Fachzentrum Klimawandel vergibt seit dem Jahr 2009 eine Vielzahl meist mehrjähriger Forschungsvorhaben zum Klimawandel, seinen Auswirkungen und möglichen Anpassungsmaßnahmen in Hessen. Diese befassen sich mit den Bereichen Meteorologie, Land- und Forstwirtschaft, Ökologie/Naturschutz und Gesundheit. Die Ergebnisse fließen in die hessischen Aktivitäten zur Klimawandelanpassung ein.
Die Klimprax-Projekte („Klimawandel in der Praxis“) sollen den hessischen Kommunen helfen, Folgeerscheinungen klimatischer Veränderungen anhand fundierter Informationen verstärkt in kommunale Planungsprozesse einfließen zu lassen. Gegenwärtig werden in diesem Rahmen zwei Projekte durchgeführt: Klimprax Stadtklima zum Thema städtische Hitzebelastung und Klimprax Starkregen zum Thema Starkniederschläge, Sturzfluten und Katastrophenschutz. (Quelle: www.hlnug.de)
Keller werden zu Retentionsflächen
In Deutschland seien Kanalsysteme auf die Dimension von Niederschlagsereignissen ausgelegt, mit denen alle fünf Jahre gerechnet werden kann. Was darüber hinausgeht, müsse der Straßenraum tragen und dann würden auch Keller zu Retentionsflächen. „Darauf sind wir nicht vorbereitet“, verdeutlicht Thomas Schmid. Sonst würde der Verteilerkasten für Strom sich nicht in den meisten Häusern nach wie vor im Keller befinden.
Das sogenannte Klimprax-Projekt, das vom hessischen Umweltministerium finanziert wird, setzt sich mit solchen ganz praktischen Fragen des Klimawandels und seiner Folgen auseinander. Das Teilprojekt zum Thema Starkregen leitet Ruiz Rodriguez, der an der Hochschule Rhein-Main auch für die AG Starkregen und Sturzfluten zuständig ist. Er stellt im Rahmen des Symposiums Computerprogramme vor, die an der Hochschule für die Nutzung von Radardaten entwickelt worden sind. Denn Starkregenereignisse sind oft nur von kurzer Dauer und treten meist auf einem sehr engen Raum auf. Noch dazu ist die Intensität der Niederschläge auf dieser Fläche sehr unterschiedlich verteilt. Von fest installierten Niederschlagsstationen werden sie daher zum Teil gar nicht erfasst, anders als bei hochaufgelösten Radarniederschlagsdaten. „Wir stellen den Quellcode dieser einfachen Programme gerne zur Verfügung“, berichtet Ruiz Rodriguez. Auch das Symposium diene schließlich dazu, die an den Forschungen Beteiligten mit denjenigen zu vernetzen, die sich des Problems auf Ingenieursseite für die Kommunen annehmen.
Zwei Pilotgemeinden in Hessen
Die Nutzung der Radardaten zur Analyse von Starkregenereignissen ist nur eine mögliche Maßnahme zum Umgang mit Starkregen, die im Klimprax-Projekt entwickelt wird. In zwei noch nicht bestimmten hessischen Pilotgemeinden sollen diese Maßnahmen getestet werden. Wie notwendig das für die Zukunft sein könnte, verdeutlicht der Vortrag von Heike Hübener vom HLNUG. Denn in der Physik geht man davon aus, dass mit jedem Grad Celsius, um das sich das Klima erwärmt, sieben Prozent mehr Niederschläge fallen, weil wärmere Luft mehr Feuchte aufnehmen kann als kühlere Luft. Die Auswertung von 25 Simulationen habe ergeben, dass die Temperatur im Jahresmittel in Hessen bis zum Ende des Jahrhunderts um vier Grad steigen könnte, wenn der Ausstoß an Kohlendioxid sich im gleichen Ausmaß entwickelt wie bisher. Da die Zunahme der Niederschläge nicht gleichmäßig verteilt ist, wäre dadurch auch mit mehr Starkregenereignissen zu rechnen.
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