Von Rainer H. SchlenderKOMMUNEN Die Stadt Frankfurt weiß immer noch nicht, wie sie ein teures Gebäude in der neuen Altstadt nutzen will
FRANKFURT - Die Stadt Frankfurt hat sich für gut 25 Millionen Euro ein hübsches, kleines Haus gebaut. Und einige Zeit nach dessen Fertigstellung hat sie sogar einen Plan ersonnen, wie es genutzt werden könnte. Dazu wären nur einige kleinere Umbauten nötig gewesen. Doch daraus wird nun nichts. Die Überlegung, in dem schlanken Gebäude direkt neben dem Kaiserdom ein ökumenisches Kirchenmuseum einzurichten, ist vom Tisch. Mit Blick auf die angespannte Haushaltslage der Stadt seien die Pläne auf Eis gelegt worden, sagte eine Sprecherin von Bürgermeister Uwe Becker (CDU).
Nur ein großer Saal mit zwölf Meter Höhe
- „DIE NUMMER 1 AM MARKT“
So vermarktet die Stadt Frankfurt das Gebäude am Markt: „Das Stadthaus ist das exzellente Veranstaltungsgebäude ersten Ranges im Herzen der Altstadt Frankfurt am Main. Im Süden der neuen Frankfurter Altstadt gelegen, bezieht das Stadthaus am Markt seinen Charme aus der historischen Dimension des Ortes: Der Veranstaltungssaal schwebt genau über den verbliebenen Mauern der karolingischen Kaiserpfalz. Durch die Kombination aus traditionellen Materialien, wie der rote Mainsandstein, und den modern anmutenden Messingrauten, schafft das Stadthaus einen harmonischen Übergang zwischen moderner Bebauung und neuer, historisch geprägter Altstadt.“
Das Stadthaus war als erstes Gebäude des spektakulären Altstadtprojekts fertig geworden und wurde bereits im Sommer 2016 eröffnet – gut zwei Jahre vor der geplanten Eröffnungsfeier für die neue Altstadt. Allerdings hatte die Stadt das Haus nach langen Querelen bauen lassen, ohne vorher über die Nutzung zu entscheiden. Und das Gebäude hat ein grundsätzliches Problem: Es verfügt praktisch nur über einen großen Saal. Mit 150 Quadratmeter Fläche ist er zwar eher von bescheidener Größe, dafür aber zwölf Meter hoch. Wer möchte, kann das Haus als Veranstaltungsort für knapp 200 Menschen nutzen. Die Miete kostet 3500 Euro netto am Tag.
Nach längerem Grübeln ist die Römerkoalition aus CDU, SPD und Grünen schließlich darauf verfallen, das zweite Obergeschoss als Ausstellungsfläche für ein Kirchenmuseum herzurichten. Evangelische und katholische Kirche waren damit einverstanden – machten zugleich aber klar, dass sie zwar personelle Hilfe leisten, sich aber finanziell nicht beteiligen werden. Der nötige Umbau des Gebäudes war auf rund eine Million Euro veranschlagt worden, die Folgekosten auf rund 100 000 Euro im Jahr.
Eine Ausschreibung für ein sinnvolles Nutzungskonzept entschied der Kunsthistoriker Pascal Heß für sich. Einen Namen für das neue Museum gab es auch schon: 794. Die Jahreszahl sollte an die erste urkundliche Erwähnung Frankfurts erinnern, als der spätere Kaiser Karl der Große eine Versammlung von Bischöfen (Synode) am Main einberief. Heß wollte den historischen Beschlüssen der Synode zeitgenössische Auffassungen und Kunstwerke gegenüberstellen. Austausch von Kulturen, Macht und Wirtschaftsförderung nannte er als Beispiele. In Wechselausstellungen sollte das winzige, kaum 90 Quadratmeter große Museum Exponate aus der jüdischen, evangelischen und katholischen Tradition zeigen und Ausstellungen im Dommuseum oder dem Historischen Museum ergänzen. Einen eigenen Fundus gab es nicht.
Das Museum entstehe am historischen Ort von Kaiserpfalz und Synode, hatte Bürgermeister Becker bei der Vorstellung des Konzepts erklärt. Jetzt betonte seine Sprecherin, Becker halte das Kirchenmuseum zwar weiterhin für notwendig. Man könne aber nicht verlangen, „dass alle anderen sparen und man selbst spart nicht“. Deshalb schlage Becker, der zugleich Stadtkämmerer und Kirchendezernent ist, vor, den Bau auf unbestimmte Zeit zurückzustellen. Becker hatte alle Dezernenten aufgefordert, die Ausgaben um fünf Prozent zu kürzen. Den Verzicht auf das Kirchenmuseum nannte er ein „Signal der Ernsthaftigkeit“.
Das Gebäude aus rotem Sandstein bleibt also einstweilen eine Leerstelle in der prächtigen neuen Altstadt. Den Versuch der Linksfraktion im Stadtparlament, aus der Not eine Tugend zu machen, vereitelten die anderen Fraktionen. Die Linke hatte gefordert, das Stadthaus in den Wintermonaten frühmorgens als Wärmestube für Obdachlose zu öffnen. Begründung: „Das Stadthaus als Herzstück der neuen Altstadt wurde mit mehreren Millionen Euro Steuergeldern finanziert und hat den Anspruch, allen Bürgern*innen zur Verfügung zu stehen.“ Der Antrag wurde abgelehnt.
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