Von Nicole SuckertWIESBADEN - Der kleine, abgedunkelte Raum platzt fast aus allen Nähten: Selbst im Gang wurden zusätzliche Stühle aufgestellt, damit jeder Gast im ausverkauften Thalhaus-Theater einen Platz findet. Die Zuschauer warten auf Alain Frei. Es meldet sich eine Stimme aus dem Off – mit Schweizer Akzent. Der „einzige Comedian, der sich noch selbst ankündigen muss“, gibt die Anweisung, an alles zu denken, was man mit der Schweiz assoziiere. Die Antwort eines Gastes, „Rucola“, sorgt so für den ersten Lacher, wird zum Running Gag des Abends und das Eis ist gebrochen.
Erlebnisse aus dem Multikulti-Freundeskeis
Das Programm steht unter dem Motto: „Alle Menschen sind anders … gleich!“ Der Wahlkölner zeigt dies, indem er Erlebnisse mit seinem multikulturellen Freundeskreis, aber auch aus seinem Leben als „Ausländer“ in Deutschland wiedergibt. Gerade die Sprache oder Aussprache habe so ihre Tücken. Wenn zum Beispiel Freis indischer Freund „Alain“ ruft, es aber wie „Allah“ klinge – und das am Brandenburger Tor. Am Ende gebe es aber nur eine Rasse für ihn, betont Frei, und das sei die Rasse Mensch.
Auch das Alter beschäftigt den 33-Jährigen. Eigentlich fühle er sich noch recht jung, doch wenn ein Fußballkommentator über Franck Ribéry spricht, als müsse dieser bald eingeschläfert werden, gebe einem das schon zu denken. In seiner Familie hingegen benähmen sich alle, Eltern, Bruder und er selbst, bei jedem Aufeinandertreffen, als wäre er wieder ein kleiner Junge und so blieben auch Streitereien um den letzten Keks nicht aus.
Diese Schilderungen sind sehr kurzweilig, doch überzeugt Frei vor allem in den Momenten abseits seines einstudierten Bühnenprogramms. In der Interaktion mit dem Publikum zeigt er sich authentisch und schlagfertig. Das Wiesbadener Publikum ist allerdings auch ein sehr dankbares. Es ist gut drauf und trägt mindestens genauso viel zur guten Stimmung bei wie der Comedian selbst.
Frei steht seit 2011 auf der Bühne und gehört der Comedygruppe Rebell Comedy an. Ab April 2018 wird er mit seinem neuen Programm „Mach dich Frei“ erneut in Wiesbaden zu Gast sein.
In der angekündigten Zugabe, „nicht, dass sonst plötzlich keiner mehr da ist“, schlägt Frei dann nachdenkliche Töne an. Er berichtet von einem Nervenzusammenbruch, den er 2013 hatte, einer Zeit, in der er auf der Bühne den Sonnyboy spielte, obwohl ihm zum Weinen zumute war. Aus dieser „dunkelsten Zeit seines Lebens“ sei er erst wieder herausgekommen, nachdem ihm bewusst wurde, worauf es im Leben wirklich ankomme. Nicht auf den Erfolg, sondern auf die Liebsten, die einen umgeben.
Im Anschluss steht er im Foyer geduldig für Fotoaufnahmen mit den Schlange stehenden Fans zur Verfügung, von denen der ein oder andere sicher auch im kommenden Frühjahr wiederkommen wird, wie aus den Gesprächen der noch aufgekratzten Zuschauer herauszuhören ist.
Noch mehr Nachrichten aus der Region lesen? Testen Sie kostenlos 9 Tage das Komplettpaket Print & Web plus!
Bitte loggen Sie sich ein, um einen Kommentar zu diesem Artikel zu verfassen. Debatten auf unseren Zeitungsportalen werden bewusst geführt. Kommentare, die Sie zur Veröffentlichung einstellen, werden daher unter ihrem Klarnamen (Vor- und Nachname) veröffentlicht. Bitte prüfen Sie daher, ob die von Ihnen bei ihrer Registrierung angegebenen Personalien zutreffend sind.
Die Zeichenzahl ist auf 1700 begrenzt. Die Redaktion behält sich vor, den Kommentar zu sichten und zu entscheiden, ob er freigeschaltet wird. Kommentare mit rechts- oder sittenwidrigen Inhalten, insbesondere Beleidigungen, nicht nachprüfbare Behauptungen, erkennbare Unwahrheiten und rassistische Andeutungen führen dazu, dass der Kommentar im Falle der Sichtung nicht freigeschaltet, ansonsten sofort gelöscht wird. Wir weisen darauf hin, dass alle Kommentare nach einigen Wochen automatisch wieder gelöscht werden.
Die Kommentare sind Meinungen der Verfasser.